Die Kläger, Frau [L] [D], Frau [A] [M] und Herr [X] [M] („die Consorts [M]“), sind britische Staatsangehörige, die im August 2016 Begünstigte eines Trusts (der „Trust“) wurden, den ihr Vater, ein indischer Staatsangehöriger, im Jahr 2008 auf den Kaimaninseln eingerichtet hatte. Der Trust hielt Vermögenswerte im Zusammenhang mit einem Eisenerzabbauprojekt in Uruguay, das als „Valentines-Projekt“ bekannt ist. Da sie die Republik Östlich des Uruguay („Uruguay“) für das Scheitern dieses Projekts verantwortlich machten, reichten die Consorts [M] am 3. Oktober 2016 nach Artikel 8 des bilateralen Investitionsschutzvertrags („BIT“) von 1997 zwischen Uruguay und dem Vereinigten Königreich eine Streitanzeige ein. Am 19. Juli 2017 leiteten sie auf Grundlage dieses BIT ein Schiedsverfahren ein. Mit Schiedsspruch vom 6. August 2020 erklärte sich das Schiedsgericht ratione temporis für unzuständig. Die Consorts [M] beantragten daraufhin beim Pariser Berufungsgericht die Aufhebung dieses Schiedsspruchs.
Am 21. Februar 2023 hob das Pariser Berufungsgericht den Schiedsspruch auf. Es stellte fest, dass das BIT die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht davon abhängig macht, dass die Investition vor einem bestimmten Datum getätigt wurde, sondern den Verfahrensschutz nur auf Streitigkeiten anwendet, die nach Inkrafttreten des BIT im Jahr 1997 entstanden sind (was angesichts der Zeitschiene, der Mitteilung und der geltend gemachten schädigenden Handlungen hier unbestritten war). Das Berufungsgericht qualifizierte Uruguays Argument zur „antériorité“ der Investition im Verhältnis zu den behaupteten staatlichen Maßnahmen als eine „materielle Regel“ (d. h. eine Bedingung für den Schutz aus dem Vertrag und nicht für die Schiedszustimmung). Da es somit nicht um eine Frage der Zuständigkeit gehe, entschied das Berufungsgericht, dass das Schiedsgericht sich zu Unrecht für unzuständig erklärt habe.
Uruguay legte beim Kassationsgerichtshof ein Rechtsmittel (pourvoi) ein und machte unter anderem geltend, dass das Berufungsgericht unzulässig in eine révision au fond (sachliche Überprüfung) eingetreten sei, als es die Frage erneut behandelte, ob die „antériorité“-Voraussetzung eine Bedingung für die Zustimmung des Staates zur Schiedsgerichtsbarkeit oder lediglich eine „materielle“ Schutzbedingung sei. Nach Auffassung Uruguays handelt es sich bei der vom Schiedsgericht bejahten zeitlichen Reichweite vielmehr um eine typisch zuständigkeitsbezogene Frage. Indem das Berufungsgericht diesen Punkt eigenständig anders bewertete, habe es die Grenzen einer bloßen Kompetenzausübungskontrolle im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens überschritten.
In seinem Urteil vom 2. April 2025 hob der Kassationsgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Unter Berufung auf Artikel 1520 Absatz 1 der französischen Zivilprozessordnung erinnerte er daran, dass das staatliche Gericht bei einem Aufhebungsverfahren zwar alle tatsächlichen und rechtlichen Aspekte prüfen müsse, die für den Umfang der Schiedsvereinbarung relevant sind, dies aber eine unzulässige inhaltliche Überprüfung des Schiedsspruchs (révision au fond) ausschließt. Der Kassationsgerichtshof unterstrich, dass das Berufungsgericht die „antériorité“-Voraussetzung ausdrücklich als eine materielle Regel des Investitionsschutzes eingestuft hatte, um dann den Schiedsspruch mit der Begründung aufzuheben, das Tribunal habe diese Vorschrift „falsch angewandt“. Nach Ansicht des Kassationsgerichtshofs stellte dies eine Bewertung der Merits des Schiedsspruchs dar und überschritt somit die zulässige Kompetenzkontrolle, womit das Verbot der révision au fond verletzt wurde.
Nach französischem Schiedsrecht, kodifiziert in Artikel 1520 der Zivilprozessordnung, dürfen staatliche Gerichte einen Schiedsspruch nur auf die darin genannten Aufhebungsgründe prüfen – etwa fehlende Zuständigkeit, Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder fehlerhafte Zusammensetzung des Gerichts – und nicht in der Sache neu bewerten. Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs bestätigt, dass jede Neubeurteilung dessen, was das Schiedsgericht an Tatsachenfeststellungen oder Rechtsfragen getroffen hat, soweit sie zu einer inhaltlichen Neuinterpretation führt, als unzulässige révision au fond gilt. Dieser Grundsatz garantiert, dass ein ergangener Schiedsspruch nur einer begrenzten Kontrolle unterliegt, die Autonomie des Schiedsverfahrens gewahrt bleibt und die Rolle des Schiedsgerichts als letztinstanzlicher Entscheider in der Sache.
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